Fachgebiet

Das Rosandratal, nur wenige Minuten von Triest entfernt, bildet den einzigen Taleinschnitt des Triestner Karsts und formt einen riesigen Spalt zwischen dem M. Carso und dem Karst von Basovizza. Gerade in diesem Gebiet wurden wichtige Vorraussetzungen für einen äußerst seltenen Fall von Oberflächengewässer des italienischen Karsts geschaffen. Das Rosandratal ist vor allem als Klettergebiet und Ausflugsziel sehr beliebt.
Viele sind sich bewusst, dass das Rosandratal eine reiche und interessante Flora beherbergt. Es gibt jedoch nur wenige, welche den biologischen Reichtum des Tales voll und ganz zu schätzen wissen. Dieser Naturführer möchte einen tieferen Einblick in das reiche Naturerbe des Rosandratales geben.



Das Interessengebiet befindet sich sowohl auf italienischem als auch slowenischem Hoheitsgebiet. Im Norden wird es von einer Linie begrenzt, welche durch die Fraktion S. Lorenzo, und im Westen entlang des Karstrandes führt. Im Osten dringt sie im Hochland bis in slowenisches Gebiet ein. Der südliche Teil wird von einer Linie abgegrenzt, welche unterhalb der Ortschaft S. Dorligo della Valle (Dolina) vorbeiführt und in Slowenien eindringt. Im Westen liegt die Grenzlinie in der Nähe von S. Giuseppe della Chiusa, während die Grenzlinie im Osten voll und ganz in slowenischem Hoheitsgebiet liegt und nur wenig östlich des M. Nazire verläuft. Das Gebiet besteht daher nicht nur aus dem sogenannten Rosandratal, sondern umfasst auch einen wichtigen Teil des Hochlandes, u.a. M. Stena und M. Carso, und außerdem einen kleinen Teil der Schwemmlandebene, welche bei Bagnoli della Rosandra beginnt.
Das bis jetzt gesammelte Wissen über die biologische Vielfalt des Rosandratales lässt sich in wenigen Zahlen zusammenfassen: mehr als 1.000 Pilzarten, 988 Gefäßpflanzen, ca. 300 Flechten, ca. 150 Laub- und Lebermoose, ca. 100 Myxomyceten, welche zusammen ca. 2.700 Einheiten ergeben.
Es fehlen hier jedoch vertrauenswürdige Informationen zu Cyanobakterien, Alghen und mikroskopisch kleinen Pilzen, welche die Endsumme der bekannten Arten um einiges erhöhen würden.
Das Rosandratal ist ein äußerst wichtiger Speicher für die biologische Vielfalt: es verdient daher Achtung und Schutz als Weltnaturerbe.



Die Landpflanzen weisen eine hohe biologische Vielfalt sowohl in Quantität als auch in Qualität auf: Unter ihnen befinden sich viele seltene oder endemische Arten – manchmal die einzige in Italien bekannte Population – und viele andere, welche im Karst selten sind, jedoch in weiten Gebieten, wie im Mittelmehrgebiet oder in den Voralpen, beheimatet sind. Dem Rosandratal ist es gelungen, viele Erinnerungen aus der Vergangenheit zu bewahren: Der Spaziergang durch diese wunderbare Landschaft lässt uns Besonderheiten von den Alpen bis hin zu Zentraleuropa, vom Balkan bis in das östliche Europa, von der Adria bis zum Pontus, ja sogar anderer Kontinente, bewundern.
Das Rosandratal spiegelt die Geschichte der Vegetation des Karstes wider, besitzt jedoch auch viele eigentümliche Bereiche. Die Geomorphologie des Tales bildet ein ’Unicum’ im triestner Karst: die Landwirtschaft beschränkte sich früher wie auch heute auf kleine Gebiete auf Flysch-Gestein, so z.B in Botazzo. Die Weidegebiete sind heutzutage fast völlig verlassen, vor allem wegen der steilen und steinigen Hänge. Das Tal bewahrt außerdem Eigenschaften des prähistorischen Karsts: die Vegetation der Felsen und Geröllhalden, die Feuchtgebiete entlang des Flusses, die vertikalen Felswände mit Cyanobakterien. Die Landschaft des Rosandratales ist daher anders als jene des restlichen Karsts in der Umgebung von Triest. Alpinisten, welche die steilen Felswände für Exkursionen nützen, haben diesen Karst fälschlicherweise mit einer „alpinen“ Landschaft verglichen. Jener erinnert jedoch umso mehr an die dinarischen Täler in Dalmatien. Die Makrolandschaft mit ihren Erosionen, Hecken und Sträuchern, den fast kahlen Oberflächen, den geologischen Strukturen und vielem mehr ähnelt der Landschaft in Kroatien. Auf diese Weise erinnern Gebiete des M. Carso an das Hinterland von Rijeka.
Der Zusammenhang zwischen Vegetation und anderen physischen Faktoren ist im Rosandratal weit deutlicher zu erkennen als in den Alpen, in welchen die Orographie und das Vorkommen vieler verschiedener Gesteine die Situation erschweren. Diese Einfachheit ist der recht simplen Entwicklung des Reliefs und den beiden einzigen Gesteinen, Kalk und Flysch, zu verdanken.
Beim Kalkstein sind die Schichten bei den Linkshängen (M. Carso) gemäß der Hangrichtung eingebettet, während sie bei den Rechtshänge (M. Stena) dem Hang entgegengesetzt sind und eine außergewöhnliche Symmetrie in der Vegetation vorherrscht. Auf den Linkshängen überwiegen Geröllhalden mit Heckenlandschaften, teilweise von Grasbüscheln unterbrochen, während man hingegen auf den Rechtshängen abwechselnd Wälder und vertikale Felswände mit Cyanobakterien findet. Das Heideland beherrscht die ebenen Gebiete zwischen dem M. Stena und dem M. Carso.
Der Flysch besitzt entgegengesetzte Eigenschaften: das Gestein ist fest und wasserundurchlässig (einzige landwirtschaftliche Nutzung auf diesem Boden befindet sich in der Nähe von Botazzo), die Landschaft nimmt weichere Formen an, die Pflanzendecke ist dichter, die Blüte der Pflanzen ist gedämmt, in der Zeit verteilt und daher dominiert die grüne Farbe in der Landschaft. Der Kalkstein hingegen beherbergt eine unterbrochene Vegetation mit grellfarbenen Blüten, welche konzentriert und in bestimmten Zeitabschnitten vorkommen (gelbe Blüten im Frühling, rosa-violette im Herbst).
Der sandige Mergel erinnert an eine „appenninische“ Landschaft, der Kalksteine hingegen an eine „balkanische“. Bereits Posphichal (1897) beschreibt in seinem monumentalen Werk über die Flora des damaligen österreichischen Küstengebietes die Sandsteinhügel als „phlegmatisch“, die Gebiete mit Kalkstein als „dramatisch“. Im Rosandratal überwiegt das Phlegmatische im oberen Teil, das Drama im unteren.

Literatur
  • Nimis, P.L., Poldini L. & Martellos, S., 2006: Guide alla flora III. Guida alla flora della Val Rosandra (Trieste). Le guide di Dryades 4 - Serie Flore III (F-III). Edizioni Goliardiche, Trieste, 467 pp.


    Partner/Partnerji: Università di Trieste, Dip. di Scienze della Vita (Lead Partner), Prirodoslovni Muzej Slovenije, Ljubljana, Univerza na Primorskem -Università del Litorale Koper/Capodistria, Università di Padova, Dip. di Biologia, Zavod Republike Slovenije za šolstvo Ljubljana, Comune di San Dorligo della Valle - Občina Dolina, Consorzio del Parco Regionale del Delta del Po Emilia Romagna, Agenzia Regionale per la Protezione dell’Ambiente del Friuli Venezia Giulia (ARPA - FVG), Gruppo di Azione Locale Venezia Orientale (GAL Venezia Orientale - VEGAL), Triglavski Narodni Park, Univerza v Novi Gorici.

    Progetto Strumenti interattivi per l’identificazione della biodiversità: un progetto educativo in un’area transfrontaliera (SiiT): finanziato nell’ambito del Programma per la Cooperazione Transfrontaliera Italia-Slovenia 2007-2013, dal Fondo europeo di sviluppo regionale e dai fondi nazionali.

    Projekt Interaktivna določevalna orodja za šole (SIIT): spoznavanje biotske pestrosti na čezmejnem območju sofinancirana v okviru Programa čezmejnega sodelovanja Slovenija-Italija 2007-2013 iz sredstev Evropskega sklada za regionalni razvoj in nacionalnih sredstev.


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